Wir unterstützen Menschen rund um das Lebensende. Wenn wir einen Wunsch frei hätten, dann den, dass sie alle in vollen Zügen ihr Leben genießen konnten. Dafür haben wir das Projekt “Die Bucketlist” ins Leben gerufen. Wie wir jetzt unser Glück planen, was die tiefere Bedeutung einer Bucketlist ist und warum ein Bewusstsein für unsere Endlichkeit wichtig ist, haben wir einige von uns geschätzte Therapeuten, Mentoren und spirituelle Wegbegleiter gefragt. Heute beantwortet uns Robert Betz die Fragen des Bucketlist-Interviews!
1. Was passiert, wenn wir mit unserer Sterblichkeit konfrontiert werden?
(Sei es durch eine private Erfahrung oder aber im Zuge der
aktuellen Pandemie)
Der meist unbewusst lebende „Normalmensch“ tut in der Regel alles, um die Tatsache, dass sein Leben hier endlich, heißt zeitlich begrenzt ist, zu verdrängen. Wenn er dann mit Tod und Sterben konfrontiert wird, ist er meist geschockt und hat eine Riesenangst, die Gefühle zu fühlen, die in ihm hochkommen wie Angst vor dem eigenen Tod und die Ohnmacht. Also sagt er oft (trotzig): „Nein, ich bin dagegen, dass dieser von mir geliebte Mensch gestorben ist. Er ist viel zu früh gestorben. Er hätte nicht sterben sollen.“ Das ist so kindlich wie ein Kind, das sich im Spiel die Augen zuhält und ruft: „Ich bin nicht da! Ich bin nicht da!“
Wir haben in unserer Zeit verlernt zu Trauern.
Uns fehlen nicht nur angemessene Rituale, sondern vor allem die Bereitschaft
der Annahme, der Akzeptanz des Todes des physischen Körpers. Durch dieses unser
„Nein“ entsteht Schmerz, aber noch keine Trauer. Trauer kann erst dann kommen,
wenn ich „Ja“ dazu sage, dass der geliebte Mensch jetzt nicht mehr physisch
anfassbar da ist. Trauer ist ein Gefühl, das eine Zeitlang gefühlt werden darf. Sie kann sich danach in Freude und Frieden verwandeln, nicht jedoch der Schmerz, der durch unser „Nein“ entsteht. Dieses „Nein“ behindert die Seele des Menschen, der aus seinem Körper ging, am Weitergehen auf seinem Weg. Das wissen wir aus vielen Berichten von Verstorbenen durch mediale Menschen.
2. Wie können wir dieses neue Bewusstsein positiv nutzen?
Wir werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine völlig andere, natürliche Beziehung zum Ende des physischen Lebens entwickeln. Es findet in dieser alles umwälzenden Transformationszeit, von der Corona nur ein kleines Kapitel und Diener ist, eine Spiritualisierung vieler Menschen und letztlich der Gesellschaft statt. Als Folge hiervon wird das Sterben eines Menschen völlig anders aufgenommen werden, nämlich mit Freude
für diesen Menschen, als eine Feier des Nach-Hause-Kommens.
3. Viele Menschen erstellen gerne Bucketlists- woran mag das liegen?
Ich halte von „Bucketlists“ überhaupt nichts. Und genauso wenig von „Zielen“, die man im Leben erreichen müsse. Der Sinn unseres Lebens hier ist nicht „Erfolg“ zu haben oder Ziele erreichen zu müssen, sondern mit offenem Herzen wichtige Erfahrungen zu machen, in deren Verlauf wir uns selbst näherkommen und erkennen, wer und was wir wirklich sind: göttliche, geistige Wesen der Liebe, mit dem Mut auf die Erde gekommen, Erfahrungen zu machen, ohne zu wissen, wer wir sind.
Das Leben ist eine Wanderung hin zu uns selbst, zu der gefühlten Erkenntnis (dem Gewahrsein) und der Wiedererinnerung, wer wir wirklich sind. Insofern ist der Tod für mich der Höhepunkt des Lebens. Solange dieser verdrängt, verurteilt und aus unserem Bewusstsein und Alltag ausgeklammert wird, leben wir unser Leben nicht wirklich.
Die „Bucketlist“ ist wie jede „To-do-Liste“ eine kopf-gesteuerte Angelegenheit, die nichts mit unserem Herzen zu tun hat, das um unseren Weg weiß. Sie ist vor allem für die Anderen
bestimmt, die sagen: „Boah, was der alles erlebt hat!“ Keine erfüllte Bucketliste wird irgendjemanden wirklich glücklich-erfüllt sterben lassen, sondern nur der innere Frieden mit allem-was-war und was ist und der Frieden und die Dankbarkeit für alle Erfahrungen des Lebens, besonders für die schmerzhaften.