In unseren "5 Gedanken zu Corona von...", bleibt Claudia Cardinal positiv.
"Ich sehe neben all dem ängstlichen Abstand-Halten ausgesprochen freundliche und lächelnde, grüßende Gesichter!"
1. An welchem Punkt haben Sie persönlich festgestellt, dass COVID-19 spürbare Auswirkungen auf das persönliche Leben und auf das ihrer Mitmenschen hat?
Als plötzlich das ganze öffentliche Leben zum Erliegen kam. Und ich wunderte mich, dass Olaf Scholz zu einem Zeitpunkt mit offenen Armen Geld verteilte, obwohl noch gar nicht absehbar war, welches Ausmaß kommen würde. Gerade heute habe ich festgestellt, als ich auf dem Wochenmarkt einkaufen war, wie viele Menschen fast aggressiv Abstand gewahrt haben wollen. Ich sehe angstvolle vermummte Blicke. Jede Gelassenheit scheint dahin zu sein.
2. Was hat sich in den letzten Wochen konkret in ihrem Leben geändert? Wie fühlt sich das an?
Ich sitze am Schreibtisch, bin nicht - wie sonst normalerweise - die Hälfte der Woche unterwegs. Ich stelle fest: mein Tag hat keinen Wecker! Ich habe Muße zum arbeiten, was ich tue. Sehr seltsam ist, dass absolut NICHTS mehr geplant werden kann, denn niemand weiß, wie lange der Spuk dauern wird.
3. Was geht Ihnen durch den Kopf, während Sie die Entwicklungen tagtäglich mitverfolgen?
Letztendlich sehe ich die ganze blanke Angst - und zwar gesamtgesellschaftlich. Letztlich geht es doch um die Auseinandersetzung mit unserer eigenen Sterblichkeit. Und nichts fürchten wir so sehr, als diese Erkenntnis. Ich frage mich auch, ob letztlich die Gesamtzahl der Toten ansteigen wird. Dies wird wohl erst in frühestens einem Jahr deutlich werden. Und ich frage mich, was wohl die Folgen davon sein werden, wenn die Zugehörigen nicht zu ihren Lieben dürfen, die alt und/ oder krank sind. Ich frage mich auch, welche Welle an Trauerproblemen auftauchen wird, wenn ich an die Beerdigungen denke, an denen jetzt nur 5 oder 6 Personen teilnehmen dürfen. Ich habe viel Mitgefühl mit denen, die das allein durchstehen müssen. Und noch vieles, vieles mehr geht mir durch den Kopf. Zum Beispiel werden diejenigen, die an der Diagnose Covid-19 gestorben sind, die „besseren“ Toten sein?
4. Heute, in einem halben Jahr- was glauben Sie was uns da erwartet und was könnten längerfristige Konsequenzen sein?
Im besten Falle haben wir einen anderen Blick auf die Natur. Vielleicht schätzen wir unsere Mitmenschen mehr? Ich sehe neben all dem ängstlichen Abstand-Halten ausgesprochen freundliche und lächelnde, grüßende Gesichter. Möge eine Weltwirtschaftskrise bis zu einem Zusammenbruch uns erspart bleiben. Das hätte längere Folgen als nur ein Jahr. Mögen wir auf diese jetzigen Wochen und Monate zurückblicken können, wie auf einen schlechten Traum. Längerfristige Konsequenzen werden mit Sicherheit der Pharmazie dienlich sein. Schön wäre es, wenn alle, die in der Pflege tätig sind, eine deutliche Aufwertung ihrer Tätigkeit verspüren könnten!
5. Wenn Sie aktuell einen kurzen Augenblick hätten, in dem Ihnen die ganze Welt zuhört - was würden Sie sagen/raten?
Ich würde allen zu Ruhe und Geduld raten. Ich würde dazu auch sagen, wie wichtig diese Haltung angesichts von Krisen ist. Ich habe den Verdacht, wir alle sind „Angsthandler“, d.h. wir handeln nur dann, wenn es uns an den Kragen geht. Und ich würde darauf hinweisen, wie wichtig so eine ruhige Haltung, die handlungsfähig trotz allem ist, für das Immunsystem ist. Und gleichzeitig würde ich die Frage stellen: "Gut, nehmen wir also an, Sie würden morgen sterben. Was würden sie dann heute tun?“ Tja - und das sollten wir dann wohl tun.